Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
die SPD-Stadtratsfraktions stellt folgenden
Dringlichkeitsantrag
zum TOP 4, nichtöffentliche Sitzung des Augsburger Stadtrats am 28.06.2018 „Einführung einer elektronischen Zeiterfassung bei der Stadt Augsburg“
Der Beschlusstenor wird wie folgt gefasst:
- Der Sachstandsbericht wird zur Kenntnis genommen.
- Der Beschaffung einer Zeitwirtschaftssoftware wird zugestimmt. Vorrang hat dabei die Lizenzausweitung bereits vorhandener Softwaresysteme.
- Im Rahmen der Fürsorgepflicht der Stadt Augsburg wird die Stadt Augsburg folgende Maßnahmen ergreifen:
- Der Projektbeschluss wird wie folgt konkretisiert:
Vorrangig ist die Bereitstellung der notwendigen Haushaltsmittel, um die Beschaffung von Zeiterfassungsgeräten (Hardware) ausschreiben zu können. Die Haushaltsmittel sind auf der Basis des bereits durchgeführten Kostenvergleichs (Anlage 2 zum BSV/16/00686-1-1 vom 23.02.2017) mit 831.275 € einmalige Kosten für den 2. Nachtragshaushalt 2018 anzumelden und sollten im Rahmen der haushaltsrechtlichen Möglichkeiten berücksichtigt werden.
- Die Zeiterfassung ist so auszurichten, dass Verstöße gegen bestehende arbeitszeitrechtliche Vorschriften umgehend und automatisiert an den zuständigen Vorgesetzten sowie den zuständigen Dienststellenpersonalrat gemeldet werden.
- Mit den für die Einhaltung der Arbeitszeit zuständigen Vorgesetzten werden Vorgaben zur maximalen Leistung von Überstunden in der jeweiligen Dienststelle vereinbart. Die Einhaltung der Vereinbarungen sind Bestandteil der Beurteilungen durch den Dienstherrn.
- Der Gesamtpersonalrat erhält quartalsweise Übersichten zu den Verstößen gegen arbeitszeitrechtliche Vorgaben sowie eine Übersicht über die Entwicklung der Überstundenzahlen gegliedert nach Dienststellen.
- Die Wiederbesetzungssperre bei der Ausschreibung offener Stellen entfällt.
- Der bestehende Personalpool, der als „schnelle Eingreiftruppe“ bei personellen Engpässen zum Einsatz kommt, wird auf 25 VZÄ aufgestockt.
- Die zur Bearbeitung eventuell notwendigen Personalkapazitäten bzw. Personalumschichtungen ergeben sich systemabhängig zu einem späteren Zeitpunkt
Begründung:
(ergänzend zu der bestehenden Begründung):
Mit der BSV /18/1853 nichtöffentlich wird eine Grundsatzentscheidung zur Einführung einer elektronischen Zeiterfassung getroffen. Der mit den Beschlüssen einhergehende Personalaufwand ist nur dann sinnvoll, wenn der Stadtrat tatsächlich bereit und willens ist, eine elektronische Zeiterfassung mit entsprechenden Terminals einzuführen. Im Zusammenhang mit dieser Grundsatzentscheidung müssen auch grundsätzliche Überlegungen zu den Zielen und Rahmenbedingungen der Einführung einer elektronischen Zeiterfassung angestellt werden.
Die Stadt Augsburg verfolgt als Arbeitgeberin mit der Einführung der elektronischen Zeiterfassung neben den bereits beschriebenen Zielen der gesteigerten Effizienz in der Personalverwaltung auch das Ziel, der eigenen Fürsorgepflicht ggü. den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern besser nachzukommen. Insbesondere im Bereich der Einhaltung der geltenden Vorschriften zur Arbeitszeit und der anfallenden Überstunden besteht diesbezüglich Verbesserungsbedarf.
Entwicklung der Überstunden bei der Stadt Augsburg
Die bei der Stadt Augsburg anfallenden Überstunden dokumentieren eindrücklich, dass Handlungsbedarf bei der Sicherstellung gesunder Arbeitsverhältnisse besteht. Bereits im Jahr 2012 sah die Stadt Augsburg Handlungsbedarf bezüglich der damaligen stadtweiten Überstundenzahl in Höhe von 180.000 Überstunden und hat durch verschiedene Maßnahmen versucht, die rasante Zunahme bei der Arbeitszeitbelastung der städtischen Beschäftigen einzuschränken. Im Jahr 2017 lag die Überstundenzahl stadtweit jedoch nicht niedriger: sie hatte sich binnen fünf Jahren auf über 360.000 Überstunden mehr als verdoppelt. Dies dokumentiert zum einen, dass die Arbeitsfülle in der Stadtverwaltung deutlich stärker zugenommen hat, als dies durch zusätzliche Stellen ausgeglichen werden konnte. Zum anderen wird schon heute deutlich, dass diese sehr großen Überstundenzahlen negative Auswirkungen auf die gesamte Verwaltung haben: so finden beispielsweise Ruhestandseintritte in vielen Fällen deutlich vor dem Erreichen des eigentlichen Ruhestandstermins statt, weil Überstunden abgefeiert werden müssen und „Alturlaubstage“ einzubringen sind. Das Ergebnis ist – insbesondere in Verbindung mit der geltenden Wiederbesetzungssperre – ein zusätzliches Überstundenaufkommen beim verbleibenden Personal. Die Einführung einer elektronischen Zeiterfassung bietet – im Kontext mit den oben beschriebenen weiteren Maßnahmen – eine wirksame Möglichkeit, den Anfall von Überstunden auf ein für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verträgliches Maß zu beschränken und gleichzeitig eine funktionierende Stadtverwaltung sicherzustellen.
Einhaltung arbeitszeitrechtlicher Vorgaben
Die dienstlichen Erfordernisse bei der Stadt Augsburg stehen in vielen Fällen nicht im Einklang mit den Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes, was erhebliche Nachteile für die Beschäftigten aber auch für die Stadt Augsburg mit sich bringen kann. Bereits in der Vergangenheit wurden Fälle bekannt, in denen städtische Beschäftigte und Beamte die Vorgaben der Arbeitszeitgesetzes nicht einhalten konnten, wenn sie die ihnen obliegenden Aufgaben gewissenhaft erfüllen wollten. Immer häufiger kommt es vor, dass städtische Bedienstete Abendtermine wahrnehmen müssen. Teilweise handelt es sich um Außentermine, die sich aus dem steigenden Informationsbedürfnis der Bevölkerung ergeben, teilweise um Dienstzeiten, die während städtischen Veranstaltungen erbracht werden (z.B. Hausmeister, Servicekräfte, etc.). Dies hat zur Folge, dass Arbeitstage mitunter mehr als 16 Arbeitsstunden umfassen können.
Konkret sind in der Vergangenheit auch Fälle bekannt geworden, in denen auf einen regulären Arbeitstag (Dienstbeginn 7:00 Uhr, offizielles Ende 16:00 Uhr) eine Rufbereitschaft (von 16:00 Uhr bis 7:00 Uhr des Folgetages) folgte innerhalb derer die betroffene Person 3 Mal ausrücken musste (zuletzt morgens um 4:30 Uhr) um anschließend wieder regulär zum Dienst zu erscheinen (Dienstbeginn 7:00 Uhr). Solche Fälle, aber auch zahlreiche weitere weniger drastische Fälle belegen, dass die Stadt Augsburg dringend Handlungsbedarf hat, um gesunde Arbeitsbedingungen auch bezüglich der Arbeitszeit sicherzustellen. Die Folgen einer übermäßigen Belastung unserer Beschäftigten sind erhöhte Krankheits- und Fehltage, die wiederum vom verbleibenden Personal aufgefangen werden müssen. Dies führt zu einer weiteren Zunahme der Belastung bei diesen Beschäftigten.
Mit freundlichen Grüßen
gez. gez.
Margarete Heinrich Dr. Florian Freund
Fraktionsvoritzende Stv. Vorsitzender
gez. gez.
Angela Steinecker Sieglinde Wisniewski
Stadträtin Stadträtin
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