Evaluierung der Stellplatzsatzung (BSV/22/08019)

8.2.2023

Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin,

in der Stadtratssitzung am 29.09.2022 wurde die Satzung der Stadt Augsburg über die Ermittlung und den Nachweis von notwenigen Stellplätzen für Kraftfahrzeuge und Abstellplätze für fahrradbasierte Fahrzeuge; Stellplatzsatzung (BSV/22/08019) beschlossen.

Im Vorfeld der o.g. Satzung wurde vom A³ Aktivkreis Immobilien der Regio Augsburg Wirtschafts- GmbH eine Stellungnahme in Schriftform im August 2022 abgegeben.

In dieser Stellungnahme wurden erhebliche Bedenken ausgesprochen, wie unten der Auszug der Stellungnahme aufzeigt:

(1) Die Erhöhung der Stellplatzzahlen für Fahrradabstellplätze sowie die Einführung einer Verpflichtung zur Herstellung von Sonderabstellplätzen führen zu einem erheblichen Mehrflächenbedarf, der in dicht bebauten Stadtbereichen nach unserer Einschätzung gar nicht realisiert werden kann.

(2) Sofern die erforderlichen Mehrflächen tatsächlich vorhanden und entsprechend nutzbar sein sollten, verursachen die vorgenannten Satzungsneuerungen erhebliche Mehrkosten, zusätzlich zu den durch die allgemeinen Baupreissteigerungen ohnehin bereits vorhandenen.

(3) Zusätzlicher Flächenbedarf bzw. Mehrkosten können „on top“ noch dadurch entstehen, dass Sonderabstellplätze i.d.R. eigenständige, von den „regulären“ TGStellplätzen losgelöste Stellplatzflächen und ggf. auch eigene Ein-/Ausfahrtmöglichkeiten über flache Rampen, Schiebespuren oder Aufzüge benötigen.
So wird in § 6 Abs. (1) nunmehr vorgegeben, dass der Aufstellort der Abstellplätze für Fahrräder und der Sonderabstellplätze von der öffentlichen Verkehrsfläche über geeignete Aufzüge, über Rampen oder Außentreppen mit Rampen leicht und verkehrssicher erreichbar sowie gut zugänglich sein muss, was aber ggf. über die „reguläre“ TG-Zufahrt für Kraftfahrzeuge nicht gewährleistet werden kann. Ferner gibt es privat- bzw. eigentumsrechtliche Vorgaben, insbesondere bei Wohnungseigentümergemeinschaften, die ein Abstellen von Fahrrädern etc. auf Kfz-Stellplätzen untersagen (vgl. LG Hamburg, Urteil v. 17.6.2015, 318 S 167/14). Verschärft wird die Problematik dadurch, dass nunmehr auch oberirdisch hergestellte Sonderabstellplätze mehrheitlich über einen Wetterschutz verfügen sollen (vgl. §6 Abs. (3)), wobei die (bau-)technischen Anforderungen an einen adäquaten Wetterschutz von Lastenrädern (insbesondere mit Elektromotoren) ungleich höher sind als bei einfachen Fahrrädern.

(4) Die Erhöhung der Stellplatzzahlen und der damit verbundene Mehraufwand wird

dazu führen, dass ein, wie bis dato übliches, kostenfreies Abstellen von Fahrrädern oder Lastenfahrrädern künftig nicht mehr möglich sein wird. Vielmehr ist zu erwarten, dass die Fahrradstellplätze und Sonderstellplätze einzelnen Einheiten zugeordnet werden und dafür Kaufpreise bzw. Mieten verlangt werden müssen, um eine Reamortisation für diese spürbaren Investitionen zu erhalten. Dadurch ist im Vermietungsfall jedenfalls ein Ausweichen in den öffentlichen Straßenraum zu befürchten. Das muss von der Politik klar erkannt und auch so benannt werden.

(5) Bedenkenswert finden wir den folgenden Punkt: Die vorgeschlagene Neufassung der Stellplatzsatzung führt in ihrer Konsequenz letztlich zu einem Mehr an Flächeninanspruchnahme (oder einer Reduzierung der Wohnfunktion bei gegebener Kubatur): Ggf. wird die vorhandene Fläche nicht optimiert im Sinne einer Reduzierung der Kfz-Stellplätze, sondern sie wird vermehrt, weil (pauschal formuliert) jeder ein Auto, ein Lastenrad und ein Fahrrad (oder gleich mehrere) unterbringen können soll – fast ein Luxusproblem.

(6) Der Aktivkreis Immobilien gibt generell zu bedenken, dass bei der jetzigen Marktsituation jede, auch jede kleinere zusätzliche Belastung zu den aktuellen Belastungen (die aus der Zinsentwicklung, dem Fachkräftemangel, den Lieferkettenproblemen und der Explosion der Bauland- und der Baumaterial-Preise bis hin zu den Erwartungen an die konjunkturelle Entwicklung negativer Art resultieren), negativ auf einzelne Projekte durchschlagen können. Dies gilt im Übrigen auch für zusätzliche Kosten, die bspw. in weiteren Kontexten wie einer evtl. geplanten Außengestaltungssatzung etc. noch auf die Branche zukommen. Hier bittet der Aktivkreis Immobilien, frühzeitig eingebunden zu werden, um seine Expertise in der Umsetzung in Form einer Stellungnahme einbringen zu können.

(7) Begrüßt wird die Möglichkeit einer Flexibilisierung durch ein Mobilitätskonzept und die Anzahl der Stellplätze Pkw / Fahrrad / Lastenfahrrad dem jeweiligen Bauprojekt anzupassen. Das damit verbundene faktische Aufteilungsverbot bei Wohnungseigentümergemeinschaften führt jedoch dazu, dass dies nur in sehr begrenztem Maße zum Einsatz kommen wird.

Nachdem die Stellplatzsatzung zwischenzeitlich in Kraft getreten ist, stellt die SPD/DIE LINKE-die soziale fraktion folgenden

Antrag:

Die Verwaltung wird beauftragt, spätestens ein Jahr nach dem Inkrafttreten der Satzung diese zu evaluieren. Dabei sind insbesondere auf die von der Stellungnahme angesprochenen Problemstellungen einzugehen und darzulegen ob es weitere Probleme und Einschränkungen bei Bauvorhaben gegeben hat.

Mit freundlichen Grüßen

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