Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin,
nicht erst seit dem Terroranschlag der Hamas auf Israel am 07. Oktober ist Antisemitismus in Augsburg ein Problem. Neben den antisemitischen Vorfällen und Äußerungen im öffentlichen Raum, die im Zusammenhang mit dem Angriff der Hamas wieder vermehrt vorkommen, beobachten Beschäftigte an den Augsburger Schulen schon länger eine Zunahme des Antisemitismus unter Jugendlichen und fühlen sich damit zu häufig alleingelassen.
Den Antisemitismus auf die Zuwanderung zu schieben oder ihn nur an den politischen Rändern zu sehen, würde jedoch die Tiefe der Problematik verkennen. Antisemitismus ist in der gesamten Gesellschaft anzutreffen und wird viel zu oft geduldet, er muss also auch als ein Problem der gesamten Gesellschaft angegangen werden.
Aufgrund der besonderen Hintergründe des Antisemitismus in Deutschland und unserer historischen Verantwortung ist es notwendig, sich vertieft und gesondert mit diesem Phänomen auseinanderzusetzen. Wir begrüßen zwar, dass die Stadtspitze nun plant, sich dem Problem stärker als bisher anzunehmen und insbesondere, dass eine Beschlussvorlage zur Übernahme der Arbeitsdefinition Antisemitismus der Internationalen Allianz zum Holocaustgedenken (IHRA) in das Verwaltungshandeln sowie zum Umgang mit städtischen Zuschüssen vorbereitet wird. Jedoch wird ein allgemeines Programm zur milieuübergreifenden Prävention und Bekämpfung von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit der Problemlage nicht gerecht, es braucht zusätzlich einen spezifischen Aktionsplan gegen Antisemitismus.
Wie es gehen kann, zeigt die Stadt München. Am 19.01.2022 verabschiedete der Münchner Stadtrat den „Aktionsplan gegen Antisemitismus der Landeshauptstadt München“. Er wurde in engem Austausch mit jüdischen Gemeinden, zivilgesellschaftlichen Organisationen und Institutionen konzipiert. Ziel des Aktionsplans war es, die Aktivitäten der Landeshauptstadt gegen Antisemitismus zu strukturieren, zu bündeln und gezielt zu verstärken. Dabei betrachtet die Stadt München die Abwehr und Prävention von Antisemitismus als eine gesamtgesellschaftliche Querschnittsaufgabe und setzt sich insbesondere zum Ziel, dass die gesamte Verwaltung und die Zivilgesellschaft gemeinsam diese Aufgabe bewältigen. Der Aktionsplan gegen Antisemitismus ist nicht als ein abgeschlossenes Konzept gedacht. Er soll einerseits eine Bestandsaufnahme vornehmen, andererseits darauf aufbauend Handlungsbedarfe identifizieren und veranschaulichen, wie konkrete Handlungsstrategien koordiniert umgesetzt werden können.
Mit ihrem Aktionsplan gegen Antisemitismus nimmt die Stadt München eine Vorreiterrolle ein. Besonders die Friedensstadt Augsburg würde von einem solchen Aktionsplan und darauf aufbauend von einem strukturierten Vorgehen gegen Antisemitismus profitieren, das die Verwaltung, die Bildungseinrichtungen, die Sicherheitsbehörden sowie die Zivilgesellschaft einschließt und miteinander koordiniert.
Aus diesem Grund stellt die SPD-Stadtratsfraktion den folgenden
Antrag:
Die Verwaltung wird beauftragt, zusätzlich zum geplanten „Programm zur milieuübergreifenden Prävention und Bekämpfung von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit“ unter Einbeziehung der Ansichten und der Expertise der jüdischen Gemeinden in Augsburg sowie zivilgesellschaftlicher Organisationen und Institutionen einen Aktionsplan gegen Antisemitismus nach Vorbild der Landeshauptstadt München zu erarbeiten und diesen dem Stadtrat zum Beschluss vorzulegen. Der Aktionsplan soll durch die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS Bayern) wissenschaftlich begleitet werden.
Mit freundlichen Grüßen