Finanzierung der ambulanten Hilfe für Kinder und Jugendliche

12.7.2022
Augsburg

Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin,

im kommenden Jugendhilfeausschuss wird die Finanzierung der ambulanten Jugendhilfe, die durch verschiedene freie Träger in Augsburg geleistet wird, thematisiert werden. Wie aus einem Schreiben der freien Träger sowie einer Anfrage von CSU und Bündnis90/Die Grünen ersichtlich, konnte sich die Stadt nicht über die Höhe der Kosten der tatsächlich anfallenden Leistungen einigen.

In Anbetracht der Bedeutung der kommunalen Pflichtaufgabe ambulante Jugendhilfe an der Schnittstelle zum Kinderschutz und der von den freien Trägern vorgetragenen Notwendigkeit der von ihnen geforderten Höhe der Zahlungen, stellen wir folgenden

Antrag:

  1. als erster Schritt müssen die anfallenden Realkosten der Träger ermittelt und anerkannt werden;
  2. In einem zweiten Schritt soll binnen Jahresfrist das sogenannte „Regensburger Modell“ (Kalkulationsmodell zur trägerindividuellen Entgeltermittlung ambulant erbrachter Hilfen zur Erziehung) eingeführt werden,
  3. In einem dritten Schritt soll eine Entgeltstelle auf kommunaler Ebene – ggf. in Abstimmung mit den beiden Nachbarlandkreisen – für ambulante Dienste eingesetzt werden, die aufgrund klarer Berechnungsgrundlagen für alle in regelmäßigen Abstand die Kosten für die ambulante Kinder- und Jugendhilfe ermittelt und fortzuschreibt.  Dies muss auf der Grundlage von definierten Qualitäts- und Leistungsstandards trägerindividuell erfolgen.

Begründung:

Der Bedarf an den Leistungen der freien Träger der Kinder- und Jugendhilfe ist durch die Corona-Pandemie insgesamt noch größer geworden als er zuvor schon war. Die freien Träger arbeiten in der ambulanten Jugendhilfe nach ihren Angaben seit längerem nicht kostendeckend und einige Träger können ihren eigenen Angaben zufolge ihren Mitarbeiter*innen schon jetzt nicht alle Tarifleistungen zahlen. Das macht die Aufrechterhaltung der dringend notwendigen ambulanten Hilfestrukturen an der Schnittstelle zum Kinderschutz noch schwieriger, als er durch den allgemeinen Fachkräftemangel ohnehin schon ist.

Die Bedeutung der kommunalen Pflichtaufgabe Kinder- und Jugendhilfe, die von den freien Trägern im Auftrag der Stadt geleistet wird, ist enorm. Wenn die Träger diese Aufgabe nicht mehr wahrnehmen können, müsste die Stadt Augsburg diese Arbeit leisten, was sie nicht kann und aufgrund des Subsidiaritätsgrundsatzes im SGB VIII auch nicht soll. Durch die Unterfinanzierung der ambulanten Dienste und deren eingeschränkte Schlagkraft ist die Situation von hilfebedürftigen Kindern, Jugendlichen und Familien zusätzlich verschärft und im Ergebnis das Kindeswohl zusätzlich gefährdet. Im Übrigen drohen stets höhere Folgekosten durch Maßnahmen im stationären Bereich, wenn ambulante Angebote nicht zur Verfügung stehen. Dies alles sind Folgen, die nicht im Interesse unserer Gesellschaft und der Stadt Augsburg liegen. Deshalb muss sich u.E. die Stadt Augsburg dringend den angemessenen Forderungen der freien Träger öffnen und hier einen gedeihlichen zielführenden Weg zu einer kostendeckenden Refinanzierung der beauftragten Leistungen im Bereich der ambulanten Hilfen in der Jugendhilfe gefunden werden. Das „Regensburger Kalkulationsmodell“ zur Ermittlung trägerindividueller ambulanter Leistungsentgelte kann hierfür Pate stehen. Der Unterschied zu anderen Modellen liegt hier darin, dass Regensburg die erste Region in Bayern ist, welche auf kommunaler Seite einen Zweckverband mit einer regionalen Koordinierungsstelle für ambulante Kinder- und Jugendhilfen gegründet hat. Der Grundsatz des Berechnungsmodells liegt hier darin, die Realkosten der Träger aufzunehmen und auf Grundlage dieser einen Fachleistungsstundensatz zu ermitteln. Weiter wurden mit den Trägern verbindliche Qualitätsmerkmale definiert die fortlaufend Weiterentwickelt werden. Eine Regionale ambulante Entgeltkommission, ähnlich des oben beschriebenen Modells auf kommunaler Ebene (ähnlich der Entgeltkommission für die stationären Leistungen auf Landesebene) – ggf. im Schulterschluss mit den Nachbarlandkreisen – wäre u.E. auch hier ein Weg, um die seitens der Öffentlichen Jugendhilfe gewünschten Leistungs- und Qualitätsstandards zu definieren und darauf aufbauend einen trägerindividuellen, kostendeckenden und transparenten Refinanzierungsmechanismus zu implemen-tieren. Dies mit der Zielsetzung, die gerade in der gesellschaftlichen Situation höchst notwendigen ambulanten Hilfestrukturen kurzfristig zu sichern und gemeinsam weiterentwickeln zu können.

Mit freundlichen Grüßen

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