Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin,
seit etwas mehr als einem Jahr befasst sich der Stadtrat Augsburg sehr regelmäßig mit den Auswirkungen des Klimawandels und möglichen Maßnahmen, die wir hier vor Ort umsetzen können, um gegen zu steuern. In diesem Zusammenhang wurde u.a. eine Studie erstellt, die ganz konkrete Vorschläge für die Reduzierung des CO2-Ausstoßes macht. Dabei werden vor allem Maßnahmen der Energieeinsparung und der regenerativen Energiegewinnung vorgestellt. Die Kompensation von unvermeidlichem CO2-Aufkommen z.B. durch Aufforstung ist zwar erwähnt (Punkt 7 im Gesamtbericht der Studie), der Hebel wird dabei allerdings mangels großer dafür verwendbarer Flächen eher zweitrangig gesehen.
Was in den Betrachtungen der Studie völlig fehlt, ist das technische Verfahren der Pyrolyse: bei der Pyrolyse werden Pflanzen(reste) unter Sauerstoffausschluss verkohlt. D.h. das durch Photosynthese in den Pflanzen gespeicherte CO2 wird in stabilen Kohlenstoff umgewandelt. Das Verfahren wird seit Urzeiten in Kohlemeilern zur Gewinnung von Holzkohle angewandt, ist aber inzwischen auch als großtechnische Anlage sehr gut skalierbar für alle möglichen Anwendungen einsetzbar. So werden diese Anlagen z.B. zur Behandlung von Klärschlamm eingesetzt. Dabei kann nämlich auch der wertvolle Rohstoff Phosphor aus dem Klärschlamm rückgewonnen werden, was ab 2030 gesetzlich vorgeschrieben sein wird. Der Augsburger Stadtrat hat sich in der Sitzung vom 20.05. 2021 mit BSV/21/05795 gegen den Bau einer eigenen Monoverbrennungsanlage für Klärschlamm auf dem Gelände der Augsburger Kläranlage ausgesprochen. Die technische Machbarkeit war zwar nachgewiesen worden, aber ausschlaggebend für die abschlägige Entscheidung waren rein wirtschaftliche Gründe.
Im Sinne der CO2-Kompensation hätte eine solche Pyrolyseanlage in städtischer Hand aber viele Vorteile: Der Klärschlamm in Augsburg weist einen sehr hohen Kohlenstoffanteil auf, der im Wesentlichen aus dem Holz-Lignin der Papierproduktion in Augsburg stammt. Des Weiteren fällt beim städtischen Amt für Grünordnung und auch beim städtischen Forstamt viel Grünschnitt an, der schlecht in einer Hackschnitzelverbrennungsanlage genutzt werden kann (Thema Fernwärmenutzung), sehr wohl aber für die Pyrolyse geeignet wäre. Auch aus der Kompostierung der AVA fallen Reststoffe an, die hier einsetzbar wären. Die in der Pyrolyseanlage produzierte Pflanzenkohle wäre dann für viele Zwecke einsetzbar: z.B. als Pflanzsubstrat für Stadtbäume, als Bodenverbesserung in der Landwirtschaft oder als Zuschlagsstoff beim (Straßen-)Bau. Der Vorteil: durch die standortnahe Verarbeitung entstehen kaum zusätzliche CO2-Emissionen wegen des Transports. Die Prozesswärme könnte ggf. auch ins Fernwärmenetz eingespeist werden. Der Kohlenstoff in der Pflanzenkohle wäre dabei langfristig gebunden und würde nicht wie z.B. bei der Verrottung, Kompostierung oder Verbrennung von Pflanzen wieder als CO2 in die Atmosphäre entweichen.
Daher stellt die SPD/DIE LINKE-die soziale fraktion folgenden
Antrag:
Die Verwaltung prüft, ob und in welcher Größenordnung der Bau einer städtischen Pyrolyseanlage zur CO2-Kompensation sinnvoll erscheint. Der Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit darf hierbei nicht die vordringlichste Rolle spielen: hier hat die CO2-Kompensation den Ausschlag zu geben. Zusätzlich lassen sich dabei durch geeignete Auswahl der Stoff-Quellen (Forstwirtschaft, Abfallwirtschaft, Grünamt, Kläranlage) und des Standortes vielfältige WinWin-Situationen ausnutzen, die ebenfalls bewertet werden müssen. Die Weiterverwertung der Prozesswärme und der gewonnenen Pflanzenkohle schaffen zudem einen spürbaren Beitrag zur städtischen CO2-Bilanz.
Mit freundlichen Grüßen